Vorschläge der EU-Kommission zur Änderung des Komitologie-Verfahrens
Die Europäische Kommission hat am Dienstag, den 14. Februar 2017 vorgeschlagen, das sogenannte Komitologie-Verfahren* zu reformieren. Ziel ist, die Entscheidungen transparenter zu machen und die EU-Staaten sowohl stärker in die Pflicht zur Entscheidungsfindung als auch zur Übernahme von mehr politischer Verantwortung zu nehmen.
Hintergrund: Derzeit ist die EU-Kommission im Rahmen des Komitologie-Verfahrens immer dann zu einer Entscheidung gezwungen, wenn die EU-Staaten auch im Berufungsausschuss „keine Stellungnahme“ abgeben. Das heißt, dass sie auch nach mehreren zeitintensiven Verhandlungs-und Abstimmungsrunden weder die benötigte qualifizierte Mehrheit für noch gegen beispielsweise die Zulassung eines Wirkstoffs finden. So musste die Kommission in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt siebzehn Rechtsakte erlassen, die sich auf die Zulassung von sensiblen Produkten und Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder gentechntisch veränderten Organismen (GVO) bezogen, weil bzw. obwohl die Mitgliedstaaten sich nicht auf einen Standpunkt einigen konnten.
Mit mehr Transparenz und neue Regeln sollen sich die Mitgliedsstaaten nun klar für oder gegen eine Zulassung aussprechen und die Entscheidung nicht mehr der EU-Kommission zuschieben können. Die Öffentlichkeit soll erfahren, ob ein Staat für oder gegen eine Zulassung gestimmt oder sich enthalten hat. Bisher ist das geheim. Künftig will die EU-Kommission das Abstimmungsverhalten ab dem zweiten Votum öffentlich machen. Enthaltungen sollen bei der Bestimmung der für eine Zulassung erforderlichen Mehrheit nicht mehr gezählt werden. Außerdem sollen im Zweifelsfall die zuständigen Minister abstimmen müssen, damit klar erkennbar ist, wer politisch verantwortlich ist. Bisher stimmen Beamte aus den Ministerien in Ausschüssen über die Zulassung ab.
Vier gezielte Änderungen sollen also für mehr Transparenz hinsichtlich der Standpunkte der Mitgliedstaaten und verstärkte politische Vorgaben sorgen sowie die Rechenschaftspflicht im Beschlussfassungsprozess erhöhen:
Änderung der Abstimmungsregeln in der letzten Phase des Ausschussverfahrens (dem Berufungsausschuss): Künftig sollen nur noch Stimmen für oder gegen den betreffenden Rechtsakt berücksichtigt werden. Dies dürfte zu einem Rückgang der Enthaltungen und damit der Zahl der Fälle führen, in denen der Ausschuss nicht in der Lage ist, eine Stellungnahme abzugeben, und die Kommission folglich ohne klares Mandat vonseiten der Mitgliedstaaten handeln muss.
Den vorgeschlagenen Änderungen müssen nun noch die EU-Staaten und das EU-Parlament zustimmen. Die Vorschläge wurden laut Kommission an beide Institutionen übermittelt.
*Im Komitologie-Verfahren werden auf EU-Ebene Beschlüsse zur Umsetzung einzelner Verordnungen durch Expertengremien gefasst. Die Expertengremien setzen sich aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten der EU zusammen. Beispiele für solche Umsetzungsgesetze reichen von der Zulassung einzelner Wirkstoffe oder Produkte im Pflanzenschutz, Festlegung von Rückstandshöchstgehalten von Wirkstoffen bis zur Zulassung genveränderter Organismen (GVO). Die EU-Kommission legt hierzu den Experten einen Entwurf für ein Umsetzungsgesetz vor, die Experten entscheiden mit qualifizierter Mehrheit.
Links:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=COM%3A2017%3A85%3AFIN
http://eur-lex.europa.eu/summary/glossary/comitology.html?locale=de
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-264_de.htm
http://www.eu-info.de/europa/eu-komitologie/
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-273_en.htm
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