G-TwYST: 90-Tage-Fütterungsstudien mit gentechnisch veränderten (GV) Mais NK603

 

Hintergrund, Ablauf und Ergebnisse

 

Im von der Europäischen Kommission finanzierten Projekt G-TwYST - Genetically modified plants Two Year Safety Testing (Laufzeit 2014 – 2018) wurden in Fütterungsstudien an Ratten die toxikologischen Auswirkungen von gentechnisch verändertem Mais (NK603) untersucht. Die Tierärztliche Hochschule Hannover und das JKI-Institut für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen koordinierten das Projekt mit acht Partnern aus sechs EU-Ländern. Im Projekt wurden zwei 90-Tage-Studien und eine kombinierte Studie zur chronischen Toxizität und Karzinogenität (2 Jahre) durchgeführt.

 

Einen Anstoß gab eine umstrittene Studie zur Langzeittoxizität eines Roundup-Herbizids und des Glyphosat-toleranten gentechnisch veränderten (GV) Mais NK603, die 2012 veröffentlicht im November 2013 allerdings von der Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology als wissenschaftlich nicht haltbar wieder zurückgezogen  wurde. Neben vielen anderen wissenschaftlichen Institutionen war vorher auch die EFSA zu gleichem Schluss gekommen (und deutsche Zusammenfassung); siehe dazu auch

 

Im Rahmen des Projekts G-TwYST wurden ähnliche Fütterungsversuche wie die in besagter „Séralini -Studie“ durchgeführt: Zwei 90-Tage-Studien, bei denen die Ratten Futter mit unterschiedlichen Anteilen von NK603-Mais - sowohl mit und ohne Glyphosat - erhielten, sowie eine weitere zweijährige Studie, um chronische Effekte und Krebsanfälligkeit zu erfassen. Alle G-TwYST-Studien entsprachen den dafür geltenden OECD-Richtlinien sowie den Vorgaben der EFSA.

 

Es wurden keine Hinweise für gesundheitliche Beeinträchtigungen, die sich auf den NK603-Mais, Glyphosat oder eine Kombination von beidem zurückführen ließen, gefunden. „Die G-TwYST-Daten aus 90-Tage- und Langzeit-Tierstudien identifizierten keine potenziellen Risiken,“ so die Abschlusserklärung des Projekts im April 2017.

 

In das von Forschungsinstituten aus Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, Spanien und der Slowakei durchgeführte interdisziplinäre Projekt waren auch Interessengruppen (Stakeholder) einbezogen. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse wurde am 12. Februar 2019 in der Fachzeitschrift Archives of Toxicology.

 

Die detaillierten Versuchsergebnisse stellte das JKI auf der  Plattform CADMIA allen Forschern und Interessierten frei zur Verfügung. Diese Plattform entstand in einem EU-Vorgängerprojekt und macht sämtliche Forschungsergebnisse und –daten aus drei Projekten mit Bezug zu Fütterungsstudien mit gentechnisch veränderten (GV) Pflanzen öffentlich zugänglich (GRACE/EU; G-TwYST/EU; GMO90+/FR).

 

Siehe dazu auch Teil 1 ; Teil2  (krautreporter.de)

 

Ausführliche Zusammenfassung (vgl. cordis.europa.eu)

 

Projektkontext und Ziele:

 

Der Umfang und die allgemeinen Ziele dieses Forschungsvorhabens wurden in der Ausschreibung FPE-KBBE-2013-FEEDTRIALS wie folgt spezifiziert:

 

„Der EU-Rechtsrahmen für GVO stellt sicher, dass gentechnisch veränderte (gv) Lebens- und Futtermittel beim Inverkehrbringen sicher für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt sind. Die Europäische Kommission hat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2013

 

 über Anträge auf Zulassung von gv-Lebens- und -Futtermitteln erlassen, mit der Antragsteller verpflichtet werden, eine 90-tägige Fütterungsstudie mit dem gv-Lebens- und Futtermitteln durchzuführen. Abhängig von diesen Ergebnissen kann im Einzelfall auch eine zweijährige Kanzerogenitätsstudie an Ratten bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beantragt werden. Die Kommission hat die EFSA aufgefordert, sie bei der Erarbeitung zusätzlicher Leitlinienmit den entsprechenden Schlüsselelementen zu unterstützen, die für eine zweijährige Karzinogenitätsstudie an Ratten mit komplexen Lebens- und Futtermitteln zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang und um mögliche Bedenken auszuräumen, einschließlich derer, die kürzlich durch eine Studie zum Thema „Langzeittoxizität eines Roundup-Herbizids und eines Roundup-toleranten genetisch veränderten Mais“ aufgeworfen wurden, müssen die folgenden Probleme im Zusammenhang mit zweijährigen Fütterungsversuchen in einem schrittweisen Ansatz angegangen werden:

 

1. Durchführung von mindestens einem Rattenfütterungsversuch mit gv-Mais NK 603 (und weiteren GVO, sofern wissenschaftlich begründet) unter Anwendung des EFSA-Protokolls. Die teilnehmenden Einrichtungen sollten in enger Zusammenarbeit mit der EFSA alle geltenden internationalen Standards und Normen für Fütterungsversuche strikt einhalten.

 

2. Analyse, Berichterstattung und Erarbeitung von Empfehlungen, insbesondere hinsichtlich der wissenschaftlichen Begründung und des Mehrwerts solcher Langzeitfütterungsversuche für die Risikobewertung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO).“

 

Im Forschungsprojekt G-TwYST sollte dies erreicht werden durch die:

 

• Durchführung von drei Fütterungsstudien an Ratten mit dem gv-Mais NK603, der ohne und mit einer Roundup-Anwendung angebaut wurde;

 

von zwei 90-Tage-Studien für subchronische Toxizitätstests, bei denen die isokalorischen Diäten 11% und 33 % an gv-Mais und eine mit Diäten mit 11%, 33% und 50 % an gv-Mais enthielten

 

von einer kombinierten Studie zur chronischen Toxizität/Karzinogenität mit Diäten, die 11% und 33% gv-Mais enthielten.

 

Die Durchführung der Fütterungsversuche sollten auf Basis der OECD-Richtlinien für die Prüfung von Chemikalien als Einzelsubstanz und den Empfehlungen der EFSA https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/3347 durchgeführt werden;

 

• Überprüfung aktueller und laufender Forschungsarbeiten, die für das G-TwYST-Projekt relevant sind

 

• Beteiligung an verwandten Forschungsprojekten wie GRACE  und GMO90+

 

• Entwicklung von Kriterien zur Bewertung der wissenschaftlichen Qualität von Nagetierfütterungsstudien mit Lebens- und Futtermitteln

 

• Erstellung von Empfehlungen zum Mehrwert von Langzeitfütterungsversuchen im Rahmen der Risikobewertung von gv-Pflanzen gemeinsam mit dem Forschungsprojekt GRACE (in Vorbereitung)

 

• ergänzende Aktivität: Untersuchung breiterer gesellschaftlicher Fragen im Zusammenhang mit der Kontroverse um Tierversuche mit komplexen Lebens- und Futtermitteln bei der GVO-Risikobewertung

 

• Einbeziehung von Interessensgruppen in alle wichtigen Schritte des Projekts in einer integrativen und verantwortungsvollen Weise

 

• Gewährleistung größtmöglicher Transparenz über Inhalte, Gründe und Akteure  

 

Projektergebnisse:

 

Fütterungsstudien

Es wurden drei Fütterungsstudien an Ratten mit gv-Mais NK603, der ohne und mit einer Roundup-Anwendung angebaut wurde, zwei 90-Tage-Studien für subchronische Toxizitätstests, bei denen die isokalorischen Diäten 11% und 33 % an gv-Mais und eine mit Diäten mit 11%, 33% und 50 % an gv-Mais enthielten, eine kombinierte Studie zur chronischen Toxizität/Karzinogenität mit Diäten, die 11% und 33% gv-Mais enthalten, durchgeführt. Deren Durchführung erfolgte entsprechend den OECD-Richtlinien für die Prüfung von Chemikalien als Einzelsubstanz und den Empfehlungen der EFSA. Der Versuch mit 50 % Mais in der Diät wurde nach der Diskussion auf dem ersten Stakeholder-Workshop (Planungsphase der Projektaktivitäten) aufgenommen. Die Diäten (Futtermittel) wurden so berechnet, dass sie isokalorisch und isoproteinreich waren; die Futtergaben mit 50 % Mais wurden hinsichtlich der anderen Zutaten modifiziert, um ernährungsphysiologisch ausgewogen zu sein.

 

Das Studiendesign der 90-Tage-Fütterungsversuche basierte auf der OECD-Richtlinie 408 und den EFSA-Empfehlungen zur Durchführung von 90-Tag-Fütterungsversuchen mit Nagetieren. Für jedes Geschlecht wurden fünf Testgruppen gebildet: zwei hochdosierte NK603-Testgruppen mit Mais aus dem Anbau mit und ohne Roundup-Applikationen, zwei niedrigdosierte Testgruppen und die Kontrollgruppe mit konventionellem Mais.

 

Während der 90-Tage-Fütterungsperiode waren der Verlauf der Körpergewichte als auch die Futteraufnahme bei den Ratten in allen fünf Versuchsgruppen ähnlich.

 

Die Daten zu den klinisch-biochemischen Parametern und den relativen Organgewichten wurden einer Differenz- und Äquivalenzprüfung unterzogen. Die statistischen Analysen ergaben 25 signifikante Unterschiede (8% von 320 Tests) und 301 signifikante Äquivalenzen (94% von 320 Tests). Bei den Äquivalenztests lagen die prozentualen Lymphozyten (männlich/weiblich) sowie für die Wachstumsrate, der Hämatokrit, der prozentuale Anteil Eosinophile sowie das Nieren- und Uterusgewicht (nur weibliche Tiere) außerhalb des Äquivalenzintervalls.

 

Insgesamt wurden keine toxikologisch relevanten Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und den NK603-Gruppen beobachtet.

 

Für Leber, Nieren, Uterus, Ovarien und Nebennierenrinden gab es keine relevanten histopathologischen Befunde. Darüber hinaus wurden keine histopathologischen Veränderungen des Nebennierenmarks, der Schilddrüse und der Brustdrüsen beobachtet.

 

Aus den 90-Tage-Fütterungsstudien an Ratten mit gv Mais NK603 mit und ohne Roundup ergaben sich keine toxikologisch-relevanten oder histopathologischen Befunde.

 

Das Studiendesign der 90-Tage Fütterungsstudien mit 50 % Mais in der Diät umfasste acht Testgruppen für jedes Geschlecht:

·          zwei hochdosierte (50 %) NK603-Testgruppen mit Mais aus der Kultivierung mit und ohne Roundup-Anwendungen,

·         zwei Testgruppen mit niedriger Dosis (11%) und der

·         Kontrollgruppe mit der konventionellen Maisvarietät (50%) und

·         drei Testgruppen mit 33% Mais in der Diät, um Vergleiche zu dem vorherigen Versuch zu ermöglichen.

 

Die Körpergewichte sowie die Futteraufnahme männlicher Ratten waren während der 90-tägigen Fütterungsperiode in allen acht Versuchsgruppen ähnlich.

 

Die Körpergewichte sowie die Futteraufnahme der weiblichen Ratten waren während der 90-tägigen Fütterungsperiode in sieben von acht Versuchsgruppen ähnlich. In der Versuchsgruppe mit 11% gv-Mais Roundup behandelt waren die Körpergewichte und die Futteraufnahme der weiblichen Ratten höher als in den anderen sieben Versuchsgruppen.

 

Die gewonnenen Daten zu den klinisch-biochemischen Parametern und den relativen Organgewichten wurden einer Differenz- und Äquivalenzprüfung unterzogen.  Die statistischen Analysen ergaben 46 signifikante Unterschiede (7 % von 648 Tests) und 643 signifikante Äquivalenzen (99 % von 648 Tests). Bei den Äquivalenztests lagen die Blutcholesterin- und Phosphorwerte sowie das relative Nierengewicht (nur bei Weibchen) außerhalb des Äquivalenzintervalls. Die histopathologischen Befunde von Leber, Niere, Uterus, Ovarien und Vagina waren toxikologisch nicht relevant. Darüber hinaus wurden keine histopathologischen Veränderungen in den Brustdrüsen beobachtet.

 

Insgesamt wurden keine toxikologisch relevanten Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und den NK603-Gruppen beobachtet.

 

Zusammenfassend ergaben sich nach der Fütterung von Ratten mit gentechnisch verändertem NK603-Mais oder gentechnisch verändertem NK603-Mais plus Roundup bis zu einem Gehalt von 50 % Mais im Futter über 90 Tage keine toxikologisch-relevanten oder histopathologischen Befunde.

 

Zur Testung chronischer Toxizität und Karzinogenität von gv Mais NK603 erfolgten Fütterungsversuche an Ratten mit 11% und 33% Mais in der Diät aus der Kultivierung mit und ohne Roundup Anwendungen. Die Versuchsdurchführung erfolgte entsprechend der OECD-Richtlinie 453 für Chemikalien und den EFSA-Erwägungen zur Anwendbarkeit der OECD-Richtline 453 für komplexe Lebens- und Futtermittel.

 

Für jedes Geschlecht wurden fünf Testgruppen gebildet:

Ø  zwei hochdosierte Mais NK603-Testgruppen mit Mais aus Feldversuchen mit und ohne Roundup-Anwendungen,

Ø  zwei niedrigdosierte Testgruppen und

Ø  eine Kontrollgruppe mit dem konventionellen Mais.

 

Fünf Mais NK603-gefütterte Gruppen hatten eine niedrigere, eine Mais NK603-gefütterte Gruppe eine gleiche und zwei NK603-gefütterte Gruppen zeigten eine höhere Sterblichkeitsrate als die Kontrollgruppe. Die Sterblichkeitsrate der männlichen Ratten, die mit 33% Mais NK603 in der Diät gefüttert wurden, war signifikant höher als die der entsprechenden Kontrollgruppe. Im Gegensatz dazu zeigten die weiblichen Ratten, denen 33% Mais NK603 in der Diät verabreicht wurde, eine viel niedrigere Sterblichkeitsrate als die entsprechende Kontrollgruppe.

 

Männlichen Ratten, deren Diät 33 % Mais NK603-Mais enthielt, wiesen im Vergleich zur entsprechenden Kontrollgruppe in der zweiten Hälfte des Versuchszeitraums ein signifikant höheres Körpergewicht auf, während das Körpergewicht der weiblichen Ratten in allen fünf Versuchsgruppen ähnlich war.

 

Die mittlere Futteraufnahme der männlichen und weiblichen Ratten, die bis zum Ende der 2-jährigen Fütterungsperiode überlebten, war ähnlich wie bei den jeweiligen Kontrollgruppen.

 

Die Daten zu den klinisch-biochemischen Parametern und den relativen Organgewichten wurden einer Differenz- und Äquivalenzprüfung unterzogen.

 

Eine Äquivalenzprüfung wurde nur mit den 3- und 6-Monats-Daten durchgeführt, da für die 12- und 24-Monats-Zeitpunkte keine historischen Kontrolldaten aus dem vorangegangenen GRACE-Projekt vorlagen.

 

95% der durchgeführten Vergleiche (also 433 von 456 Tests) zeigten nach 3 und 6 Monaten Äquivalenzen. Bei den Äquivalenztests lagen das mittlere Erythrozytenvolumina, das mittlere korpuskuläre Hämoglobin und der prozentuale Lymphozytenanteil bei männlichen Ratten sowie die mittlere korpuskulare Hämoglobinkonzentration, der prozentuale Monozytenanteil und der Cholesterin- und Phosphorgehalt bei weiblichen Ratten außerhalb der Äquivalenzintervall.

 

Insgesamt wurden keine toxikologisch relevanten Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und den NK603-Gruppen beobachtet.

 

In allen Gruppen einschließlich der Kontrollgruppe war die häufigste Todesursache ein Adenom der Hypophyse pars anterior. Die zweithäufigste war die chronisch-progressive Nierennephropathie. Die erhöhte Sterblichkeit bei den männlichen Ratten, die mit Roundup-behandeltem Mais NK603 gefüttert wurden, war statistisch signifikant (siehe oben) und stand im Zusammenhang mit der erhöhten Zahl von Todesfällen durch Hypophysenneoplasie; jedoch gab es keinen Einfluss auf die Gesamtinzidenz von Hypophysenneoplasie. Es wurde angenommen, dass diese erhöhte Sterblichkeit auf die erhöhte Futteraufnahme bei den männlichen Ratten zurückzuführen ist, wie sie häufig in der wissenschaftlichen Literatur berichtet wird. Die erhöhte Todesrate wird daher nicht als ursächlich zusammenhängend mit Mais NK603 und Roundup angesehen.

 

Die erhobenen Nekropsie-Befunde in der chronischen Toxizität und in der KarzinogenitätsPhase, liegen innerhalb des normalen Bereichs von Hintergrundveränderungen, die bei unbehandelten Tieren dieses Alters und Stammes auftreten. Die bei den behandelten Tieren festgestellten, nicht-neoplastischen und neoplastischen mikroskopischen Befunde wurden als zufällige Veränderungen betrachtet, da sie mit in der Literatur beschriebenen, spontan auftretenden Befunden übereinstimmten. Die Befunde waren zufällig über die Gruppen verteilt oder ähnelten den Befunden der Kontrollgruppen.

 

Die in dieser Studie erfassten Sektionsbefunde zur chronischen Toxizität und in der Karzinogenitätsphase wurden als im normalen Bereich der Hintergrundveränderungen bei unbehandelten Tieren dieses Alters und dieses Stammes angesehen.

 

Nach Untersuchung aller weiblichen Gruppen war die beobachtete Zunahme der Anzahl gutartiger Thymome in der weiblichen Gruppe, die mit 33 % Roundup behandelten Mais NK603 in der Diät gefüttert wurde, statistisch nicht signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe oder wenn gutartige und maligne Thymome in Kombination analysiert wurden. Es wurde daher als Zufallsbefund angesehen. Darüber hinaus war dies auch der Fall bei Hypophysen- und Brustdrüsentumoren.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nach der Verfütterung von Mais NK603 oder gv-Mais NK603 plus Roundup an Ratten über einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren keine Mortalitäts-, Obduktions- oder histopathologischen Befunde gab.

 

Statistische Methoden

 

Die EFSA hat in ihrer Leitlinie zur Durchführung von 90-Tage Fütterungsstudien mit komplexen Lebens- und Futtermitteln den statistischen Ansatz der Äquivalenztestung.

 

eingeführt. Dieser Ansatz ermöglicht die Erfassung eines „normalen“ Wertebereichs für Variablen, die in einem Fütterungsversuch auftreten. Außerdem vereinfacht es die Darstellung von Testergebnissen, da Veränderungen zwischen den Testgruppen auch bei einer Reihe von Variablen mit heterogenen Dimensionen visuell sichtbar werden.

 

Im Rahmen des EU-geförderten Projekts GRACE wurde die Methodik praktisch etabliert. Im Verlauf von G-TwYST wurde sie durch die Einbeziehung von historischen Kontrolldaten aus Tierversuchen weiter verfeinert, um Äquivalenzgrenzen zu erstellen. Die Referenzdaten wurden vom GRACE-Projekt auf der CADIMA-Website (www.cadima.info) frei zugänglich gemacht. G-TwYST-Partner haben eine vergleichbare Publikation zu den GRACE-Daten  veröffentlicht, in der die Methodik beschrieben wird. Das verbesserte Design des statistischen Äquivalenztests wurde auf die im G-TwYST-Projekt generierten Daten angewendet und mit statistischen Differenztests verglichen, die routinemäßig zur Analyse von Fütterungsversuchen verwendet werden. Abgesehen von der Konsistenz zwischen den beiden Methoden wurde deutlich, dass die grafische Darstellung der Ergebnisse der Äquivalenztest z.B. von Laien einfacher zu verstehen ist.

 

Qualitätskriterien

 

Es wurden zunächst 31 verschiedene Aspekte überprüft und diskutiert, die bei der Bewertung der wissenschaftlichen Qualität von Publikationen zu Fütterungsversuchen mit gentechnisch veränderten Pflanzen als Futtermittelbestandteile an Ratten zu berücksichtigen sind. Die Kriterien wurden in einem internationalen Expertensymposium mit 29 Teilnehmern aus dem G-TwYST-Projekt, externen Experten und Mitglieder des G-TwYST-Beirats zur Diskussion vorgestellt. (link zu Namen der Experten).

 

Das Symposium umfasste drei Sitzungen mit folgenden Themen:

 

1) Präsentation und Diskussion der vorgeschlagenen Kriterien;

 

2) Konzepte statistischer Methoden zur Analyse von Fütterungsversuchen mit komplexen Lebens- und Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen;

 

3) Wann wird ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen zwei Versuchsgruppen toxikologisch relevant?

 

Im Rahmen des oben genannten Symposiums wurden neun Qualitätskriterien erarbeitet. E Notwendig ist, dass die beschriebenen Schlüsselqualitätskriterien sowohl für 90-Tage-Fütterungsversuche als auch für Langzeit-Fütterungsstudien, wie solche zur Prüfung der chronischen Toxizität und /oder der Kanzerogenität mit einer Dauer von 12 bis 24 Monaten.

 

Die neun Kriterien sind:

 

1. Das Design des Fütterungsversuchs basiert auf international anerkannten Testrichtlinien, das jedoch an die spezifischen Anforderungen der Untersuchung von komplexen Lebens- und Futtermittelstudien sowie nicht zielgerichteten Tests angepasst ist.

 

2. Eine Analyse des Pflanzenmaterials und der Diät einschließlich der Makro- und Mikronährstoffe, biologischer und chemischer Kontaminanten sowie die Identifizierung und Quantifizierung des GVO-Ereignisses ist durchzuführen.

 

3. Der höchste Anteil des Pflanzenmaterials, der mit der Diät aufgenommen werden kann, ohne dass es zu Ernährungsimbalancen kommt, ist zu testen.

 

4. Als Kontrolle dient eine Nicht-GV-Linie mit vergleichbarem genetischem Hintergrund.

 

5. Spezifische Aspekte bei der Auswahl und Unterbringung der Versuchstiere, die in den Fütterungsversuchen verwendet werden, sind zu berücksichtigen.

 

6. Geeignete Techniken zur Zufallsverteilung sind anzuwenden.

 

7. Eine zuverlässige und angemessene Probennahme und Strategie zu Probenverarbeitung ist zu implementieren.

 

8. Das Personal, das den Fütterungsversuch und die Analysen der Pflanzenmaterialien, des Futters und der Tierproben durchführt, ist in Bezug auf die Identität des Futters „blind“.

 

9. Es werden geeignete statistische Methoden angewendet, um die Aussagekraft der Studie zu bewerten und die erhaltenen Ergebnisse zu analysieren.

 

Analyse des Pflanzenmaterials

 

Zur Qualitätskontrolle des Testmaterials wurde das Pflanzenmaterial (Maiskörner) und das Futter (die Diät) analysiert. Zielgerichtete Analysen wurden für Vitamine, Fettsäuren, Aminosäuren, Nichtnährstoffe (z. B. Trypsin-Inhibitoren) und potenzielle Schadstoffe wie Schwermetalle, Pestizide und Mykotoxine durchgeführt, da diese Stoffe in der Basisdiät mit Effekten aus dem Mais NK603 interferieren könnten. Darüber hinaus wurde das Basisfutter auf das Vorhandensein anderer GVO als des beabsichtigten Mais NK603 untersucht. Analysen der gv-Pflanzen und Diäten bestätigten, dass in der Diät die erwarteten Mengen an DNA aus-Mais NK603 vorhanden war. Nicht-quantifizierbare Spuren von DNA aus anderen gv Pflanzen konnten detektiert werden. Dies Beobachtung wird häufig in Tierfutter gemacht und es wurde angenommen, dass diese Spuren von DNA keinen Einfluss auf die Studienergebnisse haben.

 

Es wurden keine größeren Abweichungen bei den Nährstoffen zwischen den Diäten innerhalb jeder analysierten Produktionscharge festgestellt. Darüber hinaus bestand eine allgemeine Konsistenz zwischen den Chargen, während die gelegentlich beobachteten Unterschiede zwischen den Gruppen bei Sekundärmetaboliten und Vitaminen auf externe Faktoren zurückzuführen ist (z. B. unterschiedliche Analysemethoden in verschiedenen Labors).

 

Das geringe Vorkommen von Glyphosat-Rückständen in allen Diäten scheint auf Beiträge anderer Zutaten, insbesondere Getreide, zurückzuführen zu sein. Im Mais NK603 bei dem Roundup verwendet wurde, ist der Gehalt an Glyphosat gering. Die Sicherheit der Diäten wurde hierdurch nicht beeinträchtigt.

 

Es wurden nicht-zielgerichtete transkriptomische, proteomische und metabolomische Analysen der Pflanzenmaterialien durchgeführt. Indem Mais NK603 aus Kanada und den USA sowie ihre konventionellen Pendants mit den Omics-Techniken analysiert wurden, konnten unterschiedliche genetische Hintergründe und Wachstumsbedingungen berücksichtigt werden. Omics-Analysen liefern umfassende Daten zu Genexpression, Protein- und Metabolitparametern. Sie können die Chancen erhöhen, potenzielle unbeabsichtigte Effekte aus der gentechnischen Veränderung zu identifizieren, die für die Risikobewertung des Lebens-, Futtermittels- oder der Umwelt relevant sein könnten.

 

Omics-Analysen sind nicht Bestandteil aktueller Risikobewertungsverfahren. Daher wurde im Rahmen von G-TwYST nur eine Pilotstudie mit einer begrenzten Anzahl von Proben durchgeführt, um das Potenzial der Omics-Techniken auszuloten.

 

Alle drei Omics-Techniken wurden im G-TwYST-Projekt angewandt. Jedoch hat gegenwärtig die Transkriptomik immer noch die größte Anwendungsbreite. Weitere Diskussionen über angemessene Stichprobengrößen wären erforderlich, wenn Omics-Techniken als Teil zukünftiger Risikobewertungsverfahren berücksichtigt werden sollten.

 

Die experimentellen Ergebnisse wurden auf zwei Arten analysiert:

 

(i)                  durch den direkten Vergleich der gv- mit den nicht-gv-Materialien aus den gezielten Zusammensetzungsanalysen und

 

(ii)                unter Verwendung des Ein-Klassen--Modellansatzes, der Soft Independent Modeling of Class Analogy (SIMCA). Hier wurden die Omics-Profile der gv Maissorten, der konventionellen Gegenstücke und anderer als sicher angesehener Maissorten analysiert, um eventuell abweichende Profile zu erkennen.

 

Aus den Omics-Profilen erhaltenen Analysen ergeben sich keine Hinweise auf Veränderungen in der Physiologie /dem Metabolismus des mit dem Herbizid behandelten oder nicht behandelten Mais NK603, die weitere Untersuchungen rechtfertigen würden. Die vorliegenden Ergebnisse des G-TwYST-Projekts stimmen mit denen des vorherigen GRACE-Projekts zum insektenresistenten Mais MON  810 überein.

 

Generell wurden verschiedene zentrale Beobachtungen gemacht:

 

Ø  Das Ein-Klassen-Modell ist in der Lage, die großen Datensätze, die normalerweise mit Omics-Techniken gewonnen werden, zu bewältigen und macht die Ergebnisse greifbar.

 

Ø  In Voranalysen wurden keine wesentlichen Auswirkungen der gentechnischen Veränderung festgestellt, jedoch wirkte sich Sorte, Standort und das Anbaujahr aus.

 

Ø  Es erwies sich als Herausforderung, Daten aus verschiedenen Feldversuchen und Daten, die mit unterschiedlichen Techniken generiert wurden, zu kombinieren.

 

Aufgrund dieser Erkenntnisse wird empfohlen, im Rahmen von Folgestudien das Design von Feldversuchen so zu ändern, dass eine Korrektur möglich ist (z. B. Einbeziehung von Sorten, die sich zwischen Versuchen überschneiden).

 

Analyse der normativen Dimensionen und Wissenschaftskommunikation

 

Um die Problematik und Dynamik der Auseinandersetzungen um Tierfütterungsstudien und den möglichen Zusammenhang zwischen Ergebnissen aus wissenschaftlichen Untersuchungen und Werten, Weltanschauungen oder Interessen besser zu verstehen, untersuchte G-TwYST zwei Hypothesen in einem Expertenworkshop.

 

1. Werte sind Teil der wissenschaftlichen Bewertung, die sich aus den regulatorischen Anforderungen ergeben und die als Reaktion auf kontroverse Studien durchgeführt werden.

 

2. An der Kontroverse beteiligte Akteure verwenden, wählen, interpretieren und übersetzen Wissenschaft oft auf taktisch-strategische Weise, um ihre vorgegebenen Interessen zu bedienen (zwei Gruppen von Akteuren: NGOs und Industrie).

 

Für die Analyse der beiden Hypothesen wurden drei repräsentative Fallstudien ausgewählt:

 

1) Seralinis zweijährige Fütterungsstudie mit gv Mais an Ratten ( 2012 zurückgezogen ; 2014 wiederveröffentlicht)

 

2) Studie der Ramazzini Foundation zur Karzinogenität von Aspartam (2005)

 

3) Stumpfstudie zu funktionellen und/oder morphologischen Auswirkungen auf das Nervensystem der Nachkommen, die durch eine mütterliche Bis-Phenol A-Exposition verursacht werden (2010)

 

Interviews mit verschiedenen Stakeholdern wurden durchgeführt, die direkt an den in allen drei Fallstudien beschriebenen Ereignissen beteiligt waren. Die höchste Anzahl an Interviews konnte in der Fallstudie mit gv-Mais geführt werden. In den beiden andere Fallstudien zeigten sich die kontaktierten Interessenträger weniger ansprechbar bzw. weniger bereit, interviewt zu werden.

 

Die Analyse ergab, dass wertebasierte Entscheidungen in die Regulatory Science (besteht aus der Anwendung von Wissenschaft zur Unterstützung der Regulierung, insbesondere der Regulierungsziele vgl.) eingebettet sind, wenn es um Erstellung, Interpretation und Überprüfung wissenschaftlicher Erkenntnisse geht. Dennoch wird das Vorhandensein von Werten in den Regulartory Science (die in der Wissenschaft offensichtlich sind, wenn Kompromisse zwischen konkurrierenden Ansichten und Interessen ausgehandelt/erreicht werden) im Allgemeinen nicht anerkannt. Die Analyse zeigt weiter, dass widersprüchliche Werte in der Risikobewertung eine zentrale Rolle bei den Kontroversen in den Regulatory Science spielen. Als Folge des Vorhandenseins von Werten ist eine vollständige Trennung von Wissenschaft und Politik sowohl in der Praxis als auch in den Normen unrealistisch.

 

Darüber hinaus kann bei Kontroversen die Wissenschaft zu einem strategischen Instrument für politisch und wirtschaftlich motivierte Akteure werden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wurden politische Empfehlungen abgegeben, um zukünftige Konflikte zu lösen.:

 

(i)                  Es sollten klare Leitlinien zur wissenschaftlichen Qualität entwickelt werden, die für die Relevanz einer wissenschaftlichen Studie zur Risikobewertung erforderlich ist;

 

(ii)                die fehlende formale Anerkennung unterschiedlicher Normen zwischen regulatorischer und akademischer Forschung trägt zur Fortsetzung von Kontroversen in der Öffentlichkeit bei, da die Öffentlichkeit die präsentierten Informationen aus wissenschaftlichen Studien nicht ohne weiteres beurteilen kann;

 

(iii)              Studien, die dies nicht eindeutig akzeptieren oder ablehnen, schaffen Verwirrung und sind die Grundlage für Verschwörungstheorien. Bei Anfechtungen der Qualitätskriterien/Risikobewertung sollte ein strukturierter, fairer und transparenter Dialogprozess mit Wissenschaftlern etabliert werden.

 

Stakeholder-Beteiligung

 

G-TwYST implementierte einen RRI-Ansatz (RRI = Responsible Research and Innovation: ein Ansatz, bei dem Wissenschaftler ihre Tätigkeit den Bedürfnissen der Gesellschaft annähern, Anm. d. Aut. ), der Stakeholder-Beteiligung nicht nur in die Diskussion von Projektergebnissen, sondern auch bei der Forschungsplanung (Upstream-Engagement) einband. Zu Beginn des Projekts wurden etwa 700 Interessenvertreter, die a) die kompetenten Behörden sowohl aus der EU als auch den 28 Mitgliedstaaten vertraten und b) die aus der Industrie, Landwirtschaft und Berufsverbänden, Organisationen der Zivilgesellschaft (CSO) und Wissenschaftlern kamen, kontaktiert.

 

Im Planungsworkshop wurde die detaillierte (technische) Planung des Projekts vorgestellt. Einundvierzig Vertreter von Interessenvertretern aus den 14 Mitgliedstaaten, den USA und aus Norwegen nahmen teil. 22 Personen vertraten zuständige Behörden, 9 kamen aus der Industrie, 2 von zivilgesellschaftlichen Organisationen und 8 aus Hochschulen. Aufgrund der Diskussionen wurden die Fütterungsversuche dahingehend modifiziert, dass anstelle einer 2-Jahres-Studie mit MON810-Mais eine subchronische Toxizitätsstudie mit einem erhöhten Anteil von Mais NK603 (50%) in der Diät durchgeführt wurde. Darüber hinaus wurden eine subchronische Studie und eine kombinierte Studie zur chronischen Toxizität/Karzinogenität mit einem Anteil von 33 % Mais NK603 in der Diät durchgeführt.

 

Die Stakeholder-Befragung in der Ergebnisphase gliederte sich in eine schriftliche Konsultation zu den Ergebnissen der ersten 90-Tage-Fütterungsstudie mit 33 % Mais NK603 und in einen Workshop im letzten Projektmonat, bei dem die Ergebnisse der 90-Tage-Fütterungsstudie mit 50% Mais NK603 und der kombinierten Studie zur chronischen Toxizität/Karzinogenität wurden. 35 Interessensvertreter unterzeichneten eine Geheimhaltungsvereinbarung und erhielten Zugang zu den detaillierten Forschungsdaten. Siebzehn schriftliche Kommentare gingen ein und wurden vom Projektteam beantwortet. 29 Vertreter von Interessenvertretern aus kompetenten Behörden, der Industrie, Organisationen der Zivilgesellschaft und Forschungsorganisationen nahmen an dem Workshop teil.

 

Aufgrund der Bereitstellung detaillierter und umfangreicher Daten waren Diskussionen für die Projektpartner und den Interessensvertretern „mühsam“. Die Bereitstellung der Daten und die Diskussionen wurden aber positiv gewürdigt, da hierdurch das Projekt aktualisiert und verbessert wurde. Die Mitglieder des Projektteams empfanden die Beiträge der Interessensvertreter als hilfreich, um das Projekt sowohl in Bezug auf die durchgeführten Studien, die Interpretation der Ergebnisse als auch die Klarheit der Pläne und Ergebnisse zu verbessern.

 

Zu den Herausforderungen zählen die begrenzte Flexibilität bei EU-finanzierten Projekten, um Vorschläge von Interessensvertretern zu integrieren, was zu Änderungen der Arbeitspläne führt und nicht genügend Zeit für einen eingehenden Dialog, insbesondere am Ende des Projekts.

 

Mögliche Auswirkungen:

 

Regulatorische Auswirkungen, Risikobewertung und politische Dimensionen

 

Der Rechtsrahmen für die Risikobewertung von GVO ist in der EU auf der Grundlage von EC-Richtlinien und -Verordnungen harmonisiert.

 

2013 hat die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2013 verabschiedet, in der festgelegt wird, dass für jeden GVO eine Tage- Fütterungsstudie durchgeführt werden muss, um die Zulassung von GVO-Lebens- und Futtermitteln zu beantragen.

 

Doch wurde zwischen den verschiedenen Interessensgruppen und den Mitgliedstaaten bislang keine Übereinkunft zum Design, zu Interpretation der Daten und der wissenschaftlichen Begründung und dem Mehrwert von Langzeitfütterungsversuchen in der Risikobewertung von gv-Lebens- und Futtermitteln erreicht.

 

Ein zentrales Ziel der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen FPE-KBBE-2013-FEEDTRIALS war es, die wissenschaftliche Begründung von Langzeitfütterungsstudien zu untersuchen.

 

Die große Kontroverse über die Notwendigkeit solcher Studien wurde durch Bedenken möglicher negativer gesundheitlicher Effekte von gv-Mais angeheizt, insbesondere durch die „Seralini-Studie" Long-term toxicity of a Roundup herbicide and a Roundup-tolerant genetically modified maize (Rücknahme der Publikation wegen Qualitätsmängel und Neuveröffentlichung in 2014)

 

Vor diesem Hintergrund wurden aus dem G-TwYST-Projekt konkrete Empfehlungen zum Studiendesign, zur Dateninterpretation, Qualitätsbewertung, wissenschaftlicher Begründung und Mehrwert solcher Langzeitfütterungsversuche für GVO-Risikobewertung abgeleitet, wobei die Durchführung unterschiedlich langer Fütterungsversuche auf international anerkannten Standards und Normen basierte.

 

Die im Projekt generierten detaillierten Daten wurden nach einem Peer-Review frei zugänglich gemacht. Darüber hinaus können sie mit kohärenten bestehenden Datensätzen des EU-finanzierten Projekts GRACE (für MON810-Mais) sowie des französischen Projekts GMO90+ (mit demselben Testmaterial) kombiniert werden. Diese breite Datenbasis bietet detaillierte und nachvollziehbare Informationen nicht nur zu den Ergebnissen der Studien, sondern auch zu deren Durchführung. Auf technischer Ebene befasste sich das Projekt mit der Notwendigkeit, Daten für Risikobewerter und Wissenschaftler zu generieren und zu untermauern, um technische Fragen zu überdenken, sowie den Mehrwert von Tierfütterungsversuchen mit komplexen Lebens- und Futtermitteln zu hinterfragen. Darüber hinaus ermöglicht die eine äußerst transparente Darstellung entsprechende Diskussionen mit der Politik und Entscheidungsträgern. (siehe Schmidt et al. (2016) https://link.springer.com/article/10.1007/s00204-016-1762-3).

 

Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse, dass bei 1424 Äquivalenztests und 3472 Differenztests in nicht mehr als 5 % der Fälle nicht signifikante Äquivalenzen und signifikante Unterschiede auftraten. Dies entspricht dem erwarteten Prozentsatz für statistische Tests. Darüber hinaus ließen die histopathologischen Untersuchungen auf keine negativen Auswirkungen des gv-Mais schließen. Daher kam das Projekt zu dem Schluss, dass die Fütterung von Ratten mit dem mit oder ohne Roundup angebauten gv-Mais NK603 keine nachteiligen Auswirkungen hat.

 

Die durchgeführten Studien zu subchronischen noch zur kombinierten chronischen Toxizität / Kanzerogenität zeigten, dass das bestehende Verfahren zur Risikobewertung nicht geändert werden müssen. Dies kann das Vertrauen in den regulatorischen Risikobewertungsprozess stärken.

 

Die statistischen Auswertungen zeigten auch, dass viele Parameter, die im Rahmen solcher Fütterungsversuche, die auf Grundlage der OECD-Richtlinien erhoben werden, stark variieren können, so dass die Verdoppelung der Versuchsgruppengröße die Sensitivität und Aussagekraft des Versuchs kaum erhöhen. Daher betont das Projekt die Notwendigkeit, Fütterungsstudien mit komplexen Lebens- und Futtermitteln mit klar zielgerichteten Hypothesen durchzuführen, anstatt Studien für ein ungerichtetes Screening auf unerwartete toxikologische Effekte anzuwenden.

 

Die fehlende Sensitivität begrenzt den Einsatz von 90-Tage-Fütterungsstudien mit komplexen Futtermitteln, und bedingt nicht die Notwendigkeit erweiterter Fütterungsstudien. In der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2013, die für die Zulassung von gv-Lebens- und Futtermitteln zwingend eine 90-tägige Fütterungsstudie fordert, ist auch eine Überprüfung dieser Verpflichtung vorgesehen. Die von G-TwYST sowie von den anderen Projekten bereitgestellten Daten sollten bei der Revision der o.g. Verordnung bedacht werden.

 

Die beträchtliche Zahl von Tieren, die im Verlauf solcher (verlängerten) Toxizitätsstudien getötet wurden (720 in der 2-Jahres-Studie) und die begrenzte Sensitivität und Aussagekraft der Tests kollidieren mit dem Drei-R-Ansatz und dem Ziel, die von der EU geforderten Reduzierung von Tierversuchen ( Richtlinie 2010/63/EU „zum Schutz von Tieren, die zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden). Ein Tierschutz-CSO hat dieses Thema während der Konsultationen der Interessenträger häufig angesprochen.

 

Stakeholder-Einbindung und Wissenschaftskommunikation

 

G-TwYST implementierte einen RRI-Ansatz der Stakeholder-Beteiligung nicht nur zur Diskussion von Projektergebnissen, sondern auch in der Forschungsplanungsphase (Upstream-Engagement).

 

Zu Beginn des Projekts wurden rund 700 Interessenvertreter kontaktiert, die zuständige Behörden sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene aller 28 Mitgliedstaaten, Industrie, Landwirtschaft und Berufsverbände, Organisationen der Zivilgesellschaft (CSO) und Wissenschaftler vertreten.

 

Im Planungsworkshop wurde die detaillierte (technische) Planung des Projekts vorgestellt.

 

41 Vertreter von Interessenvertretern aus 14 Mitgliedstaaten, den USA und Norwegen nahmen teil.

 

Die Stakeholder-Konsultation in der Ergebnisphase gliederte sich in eine schriftliche Konsultation  zu den Ergebnissen der ersten 90-Tage-Fütterungsstudie mit einer Einschlussrate von 33 % gv-Mais  und einen Workshop im letzten Monat des Projekts, in dem die Ergebnisse der 90-tägigen Fütterungsstudie mit einer Aufnahmerate von 50 % gv-Mais und die kombinierte Studie zur chronischen Toxizität/Karzinogenität.

 

35 Stakeholder unterzeichneten eine Geheimhaltungsvereinbarung und erhielten Zugang zu den detaillierten Forschungsdaten.

 

17 schriftliche Kommentare gingen ein und wurden vom Projektteam und 29 Vertretern der Interessengruppen beantwortet.

 

Die Interessenvertreter, die an den Workshops und Konsultationen teilnahmen, waren zuständige Behörden, Industrie, Organisationen der Zivilgesellschaft und Hochschulen.

 

Obwohl diese ausführlichen Konsultationen für die Projektpartner und die Stakeholder aufgrund der bereitgestellten und diskutierten technischen Details mühsam waren, wurde sie allgemein anerkannt, da die Projektleistung überprüft, aktualisiert und bis zu einem gewissen Grad verbessert wurde.  

 

Ohne einen flexiblen zeitlichen Rahmen für das Projekt – eine Verlängerung wurde von der Kommission nicht bewilligt – stand das Projekt gegen Ende jedoch unter starkem Zeitdruck. Diese Situation schränkte auch die Intensität der Einbeziehung von Stakeholdern ein.

 

Das Projekt untersuchte auch die normativen Dimensionen von Kontroversen zu Tierfütterungsstudien und ihren Bezug zu den wissenschaftlichen Aspekten.

 

In einer Kontroverse kann Wissenschaft ein strategisches Instrument für politisch und wirtschaftlich motivierte Akteure werden. Dies ist möglich, weil werte-basierte Entscheidungen in die Regulierungswissenschaft eingebettet sind, wenn Daten erstellt, interpretiert und auf ihre wissenschaftliche Evidenz überprüft werden. Regulierungswissenschaftler sollten daher pauschale Verallgemeinerungen vermeiden und Werte und Grenzen anerkennen, wie z.B. die Unterschiede zwischen regulatorischen und akademischen Normen oder dem Begriff der von Sicherheit innerhalb politisch festgelegter Grenzen. Durch Behauptungen einer wertfreien und allumfassenden Risikobewertung werden Risikobewerter in eine unhaltbare Position gebracht. Die Anerkennung von Werten und Grenzen bei der Risikobewertung könnte als strategisches Instrument der verschiedenen Akteure in Wissenschaft genutzt werden. Es wird ferner der Schluss gezogen, dass klare Leitlinien für das wissenschaftliche Qualitätsmerkmale festgelegt werden sollten, die erforderlich sind, damit eine wissenschaftliche Studie für die Risikobewerter von Bedeutung ist.

 

Die fehlende formale Anerkennung unterschiedlicher Normen zwischen regulatorischer und akademischer Forschung trägt zur Fortsetzung von Konflikten bei, da die Öffentlichkeit die in wissenschaftlichen Studien präsentierten Informationen nicht ohne weiteres einschätzen kann. Sie werden oft von Experten für Experten dargestellt.

 

Wenn eine Studie nicht eindeutig anerkannt oder abgelehnt wird, schafft dies Verwirrung und bildet eine gute Grundlage für Verschwörungstheorien. Bei Anfechtungen der Qualitätskriterien/Risikobewertung sollte ein strukturierter, fairer und transparenter Dialogprozess mit den Wissenschaftlern etabliert werden, mit dem Ziel einer „forensischen“ Untersuchung der Quelle und Relevanz divergierender wissenschaftlicher Meinungen.

 

Wissenschaftlicher Fortschritt und Kooperation

 

Wie bereits erwähnt, konnten Experten und Entscheidungsträger bislang kein gemeinsames Vorgehen von Design, Interpretation, wissenschaftlicher Begründung und Mehrwert von Langzeit-Fütterungsversuchen zur Risikobewertung von gv-Lebens-/Futtermitteln finden.

 

Die Kooperation zwischen den EU-geförderten Projekten G-TwYST, GRACE und dem französischen Projekt GMO90+ liefert einen einzigartigen Datensatz auf Basis von gleichwertigem Testmaterial (NK603- und MON810-Mais) bei gleichzeitigem Überblick über unterschiedliche Testdauern sowie alternative und erweiterte Methoden. Darüber hinaus erzielten sie konsistente Ergebnisse. Der offene Zugang ermöglicht es Wissenschaftlern, die Daten erneut zu überprüfen und zu analysieren.

 

Eine zentrale Frage war die Diskussion über die Qualität bereits veröffentlichter toxikologischer Studien mit gv Mais. Daher wurden im G-TwYST-Projekt alle Fütterungsversuche unter Berücksichtigung der OECD-Richtlinien sowie der EFSA-Empfehlungen durchgeführt.

 

Basierend auf den im Projektverlauf gewonnenen Erfahrungen und einem zusätzlichen Expertenworkshop wurde 2016 ein Kriterienkatalog zur Bewertung der wissenschaftlichen Qualität von obligatorischen Fütterungsversuchen an Ratten und Mäusen mit komplexen Lebens- und Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen veröffentlicht.

 

Diese Kriterien sollten bei der Bewertung eines Nagetierfütterungsversuchs im Rahmen eines Zulassungsverfahrens für die Markteinführung eines GVO berücksichtigt werden. Die Einbeziehung einer Tierfütterungsstudie in eine Risikobewertung, die die vorgeschlagenen Qualitätskriterien nicht (vollständig) erfüllt, sollte im Einzelfall entschieden werden.

 

Das Projekt übernahm praktisch und detailliert die Empfehlungen der EFSA der Äquivalenztestung bei der Analyse der Daten aus den toxikologischen Studien mit Nagetieren und komplexen gv-Futtermitteln. Mithilfe der Äquivalenztests kann ermittelt werden, ob die beobachteten Veränderungen innerhalb eines „normalen“ Bereichs sicherer Parameterwerte liegen. Die statistische Methode, die nun eine schnelle Beurteilung vieler verschiedener Testvariablen ermöglicht, d. h. um festzustellen, ob relevante Veränderungen zwischen Testgruppen aufgetreten sind, wurde während des Projekts fortentwickelt. Der Ansatz wurde mit „klassischen“ statistischen Analysen verglichen, und es wurden ähnliche Ergebnisse erzielt. Die Äquivalenzprüfverfahren können auf jede toxikologische Untersuchung angewendet werden, um eine leicht verständliche visuelle Präsentation der (komplexen) Ergebnisse zu erhalten. Die Methodik wurde inzwischen veröffentlicht.

 

Das Projekt untersuchte auch die Anwendung von den ungerichteten Omics-Techniken, um unbeabsichtigte Veränderungen in Pflanzenmaterial (Maiskörnern) zu erkennen und zu bewerten. Statistische Ein-Klassen-Modelle wurden verwendet, um entscheiden zu können, ob (nachteilige) Veränderungen aufgetreten sind. Im G-TwYST-Projekt wurden alle drei Omics-Techniken (Transcriptomics, Proteomics und Metabolomics) angewandt. Allerdings hat die Transkriptomik gegenwärtig die größte Anwendungsweite. Weitere Diskussionen über das geeignete Testdesign und die Stichprobengrößen sind erforderlich, wenn Omics-Techniken Teil zukünftiger Risikobewertungsverfahren werden sollten.