Das Notifizierungsverfahren der Europäischen Kommission

 

Der Begriff der Notifizierung beschreibt ein Verfahren, in dem jeder Mitgliedstaat die Europäische Kommission und in einigen Fällen auch die anderen Mitgliedstaaten über einen Rechtsakt von grenzüberschreitendem Interesse (binnenmarktrelevant) in Kenntnis setzen muss, bevor dieser in nationales Recht umgesetzt werden darf.

 

Das durch die Richtlinie (EU) 2015/1535 festgelegte Notifizierungsverfahren soll helfen, Handelshemmnisse, vorauszusehen und zu verhindern.

 

Das Verfahren wurde 1983 durch die Richtlinie des Rates 83/189/EWG eingeführt.

 

Es ermöglicht der Kommission und den Mitgliedstaaten der EU, die technischen Vorschriften, die Mitgliedstaaten für Erzeugnisse (gewerblich; landwirtschaftlich; Fischprodukte) und für Dienste der Informationsgesellschaft einführen wollen, vor deren Erlass zu prüfen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass diese mit dem EU-Recht und den Grundsätzen des Binnenmarkts vereinbar sind.

 

Gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 müssen die Mitgliedstaaten die Kommission über jeden Entwurf einer technischen Vorschrift vor deren Erlass unterrichten.

 

Ab dem Datum der Notifizierung des Entwurfs ermöglicht eine dreimonatige Stillhaltefrist der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten, den vorgelegten Entwurf zu prüfen und angemessen zu reagieren.

 

Stellt sich heraus, dass dieser Hemmnisse für den freien Warenverkehr oder für den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft oder für abgeleitete EU-Rechtsvorschriften schaffen kann, dann können die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten eine ausführliche Stellungnahme an den Mitgliedstaat, der den Entwurf notifiziert hat, richten.

 

Die ausführliche Stellungnahme hat zur Folge, dass die Stillhaltefrist bei Erzeugnissen um drei weitere Monate und bei Dienstleistungen um einen weiteren Monat ausgedehnt wird.

 

Wird eine ausführliche Stellungnahme abgegeben, muss der betroffene Mitgliedstaat die Maßnahmen erläutern, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahme zu ergreifen beabsichtigt.

 

Die Kommission kann einen Entwurf außerdem für einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten sperren, wenn für diesen Bereich ein gemeinsamer Standpunkt angedacht oder bereits in Arbeit ist.  

 

Der betreffende Mitgliedsstaat muss der Kommission den endgültigen Wortlaut unverzüglich mitteilen und auf die Änderungen, die aufgrund der ausführlichen Stellungnahme eingefügt wurden, hinzuweisen.

 

Wenn an dem Entwurf einer technischen Vorschrift wesentliche Änderungen vorgenommen werden, ist der betreffende Mitgliedsstaat – mit Anwendung einer erneuten Stillhaltepflicht – verpflichtet, den Entwurf erneut vorzulegen.

 

Die Richtlinie sieht auch ein Dringlichkeitsverfahren vor, das den unverzüglichen Erlass eines nationalen Entwurfs unter bestimmten Bedingungen ermöglichen soll, d. h. eine ernste und unvorhersehbare Situation, die sich auf den Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren oder die Erhaltung von Pflanzen bezieht. Die Kommission entscheidet binnen kürzester Frist über die Begründung für das Dringlichkeitsverfahren. Wird dem Antrag auf Anwendung des Dringlichkeitsverfahrens von der Kommission stattgegeben, dann gilt die dreimonatige Stillhaltefrist nicht, und der notifizierte Wortlaut kann unverzüglich erlassen werden.

 

Weiterführende Informationen:

 

FAQ Europäische-Kommission:

https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/faq/

 

Das Notifizierungsverfahren in Kürze/ Europäische Kommission:

https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/about-the-20151535/the-notification-procedure-in-brief1/

 

Das EU-Notifizierungsverfahren/ Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag: https://www.bundestag.de/resource/blob/190866/d372b187d0228b27956769ab67d5c8ef/notifizierungsverfahren-data.pdf