2023
WGG-VBIO - Offener Brief
an den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir
die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Steffi Lemke
und die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger
Innovative Technologien als Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit:
Für eine evidenzbasierte Reform des europäischen Gentechnikrechts
Open letter to the Federal Minister of Food and Agriculture, Cem Özdemir, the Federal Minister for the Environment, Nature Conservation, Nuclear Safety and Consumer Protection, Steffi Lemke,and the Federal Minister of Education and Research, Bettina Stark-Watzinger
“Innovative technologies as a contribution to greater sustainability: For an evidence-based reform of the European GMO legislation”
► The open letter can be viewed or downloaded here.
AFBV-WGG: Zusammenfassung der Kommentare zum Kommissionsvorschlag zur Regulierung von Pflanzen aus neuen genomischen Techniken.
Detaillierte Zusammenstellung der Kommentare.
Immer mehr genomeditierte Nutzpflanzen in der Entwicklungspipeline
Die Entwicklung verbesserter Pflanzensorten mit angepassten Eigenschaften durch herkömmliche Züchtungsverfahren ist ein langwieriger Prozess. Er kann mit den steigenden Anforderungen der Landwirtschaft an Produktivität, Qualität, Klimaresilienz und Ressourceneffizienz der Sorten nicht mehr Schritt halten. Neue Technologien der gezielten Erbgutveränderung bei Pflanzen mit Verfahren wie TALENs oder CRISPR/Cas9 können Züchtungsprogramme enorm beschleunigen und vereinfachen. Daher wird die Genomeditierung weltweit zunehmend für die Pflanzenzüchtung eingesetzt. Der Trend wird dadurch beschleunigt, dass immer mehr Länder die gesetzlichen Rahmenbedingungen anpassen und genomeditierte Pflanzen herkömmlich entwickelten Sorten praktisch gleichstellen.
Die Initiative EU-SAGE («European Sustainable Agriculture through Genome Editing») ist ein Netzwerk von Forschenden von 134 europäischen Pflanzenforschungs-Instituten. Sie stellen eine öffentlich zugängliche Datenbank zur Verfügung, die einen Einblick in die globale Entwicklungspipeline genomeditierter Nutzpflanzen mit kommerzieller Relevant gibt. Sie beziehen sich dabei auf öffentlich zugängliche Quellen, wie Fachveröffentlichungen und Behördenberichte. Mitte September 2023 waren 787 solcher Projekte in der Datenbank verzeichnet, neue kommen stetig hinzu. Die meisten Entwicklungen beschäftigen sich mit einer Verbesserung von Ertrag (179 Projekte) und Qualität (173) des Ernteguts. Gleich danach kommt die Resistenz gegen durch Pilze, Bakterien oder Viren ausgelöste Krankheiten und Schädlinge (145). Auch eine verbesserte Widerstandsfähigkeit gegen Umweltstress, wie Hitze, Trockenheit und schlechte Böden ist ein wichtiges Ziel (65). Nur ein kleiner Teil der Arbeiten (7 %, 56 Projekte) strebt eine Herbizidtoleranz an.
Die Bandbreite der bearbeiteten Nutzpflanzen umfasst bereits 70 Arten und reicht von Reis (252 Projekte), Tomaten (108), Mais (54), Soja (46), Weizen (44) bis hin zu Grapefruit, Kakao und Spargeln. Das führende Land bei den Anwendungen ist mit weitem Abstand China (440 Projekte), gefolgt von den USA (164) und Japan (40). Aber auch Frankreich (31), Großbritannien (28) und Deutschland (27) sind in den Top Ten vertreten, insgesamt werden Projekte aus 77 Ländern beschrieben. Die EU-SAGE Datenbank wird laufend aktualisiert und ermöglicht es, den rasanten Fortschritt von Forschung und Entwicklung bei genomeditierten Pflanzen zu verfolgen.
Quellen: EU-SAGE (European Sustainable Agriculture through Genome Editing) Database www.eu-sage.eu; Oana Dima et al. 2022, Interactive database of genome editing applications in crops and future policy making in the European Union, Trends in Plant Science 27:746-748; EU-SAGE welcomes the European Commission's regulatory proposal for plants obtained by certain new genomic techniques and their food and feed, EU-SAGE Medienmitteilung, 06.07.20
übernommen mit Genehmigung ais Point NEWSLETTER Nr.255
Für eine evidenzbasierte Reform des europäischen Gentechnikrechts
Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e. V. (VBIO) und Wissenschaftskreis Genomik und Gentechnik e.V. (WGG) zum Vorschlag der EU-Kommission zur Neuregulierung Neuer Genomischer Techniken (NGT)
Obstbäume sind anfällig gegen verschiedene von Bakterien und Pilzen ausgelöste Krankheiten. Das erfordert aufwändige Pflanzenschutzmaßnahmen. Die Züchtung von krankheitsresistenten Sorten ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um den Schutz der Kulturen zu verbessern und den Bedarf an Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Allerdings ist die herkömmliche Züchtung bei mehrjährigen Gehölzen langwierig, da sie wiederholte Rückkreuzungen erfordert und sich über mehrere Generationen erstreckt. So kann es 20 bis 50 Jahre dauern, um eine neue Sorte zu entwickeln. Molekularbiologische Ansätze können hier einen großen Zeitgewinn bringen, da genetische Informationen in nur einem Schritt übertragen werden und die Notwendigkeit zahlreicher Rückkreuzungen wegfällt. Dadurch können zum Beispiel Resistenzgene aus Wildsorten in Kultursorten übertragen werden. Sofern dabei keine artfremden Gene übertragen werden, spricht man von cisgenen Sorten (lateinisch cis =diesseits), im Gegensatz zu transgenen Pflanzen, welche artfremde Gene enthalten.
Forschende von der ETH Zürich und vom deutschen Julius-Kühn-Institut wählten einen cisgenen Ansatz, um Apfelsorten mit Resistenz gegen den verheerenden Feuerbrand zu entwickeln. Dieser wird von Erwinia amylovora-Bakterien ausgelöst, kann ganze Bäume zerstören und große Schäden verursachen. Die Wirksamkeit der zugelassenen Pflanzenschutzmittel gegen den Feuerbrand ist beschränkt. Durch Übertragung des FB_MR5-Gens aus resistenten Wildäpfeln konnten sie die Widerstandsfähigkeit gegen den Feuerbrand in die beliebte Kultursorte «Gala Galaxy» übertragen. Anschließend sollten die Eigenschaften der Pflanzen unter Praxisbedingungen auf einem Versuchsfeld am Forschungsstandort Agroscope Reckenholz bei Zürich überprüft werden. Jetzt beschreiben die Forschenden die Resultate des fünfjährigen Freilandanbaus aus den Jahren 2016 – 2020. Die cis-genen Bäume waren in der Tat widerstandsfähig gegen Feuerbrand-Infektion, wie sie durch Infektion der Blüten zeigen konnten. Neben diesem beabsichtigten Effekt wurden auch mögliche unerwartete Auswirkungen der genetischen Veränderung geprüft. Dabei wurden Pflanzenwuchs sowie die optischen und biochemischen Eigenschaften der Früchte mit anderen, unveränderten Apfelsorten verglichen. Dabei zeigten sich keine auffälligen unerwarteten oder nachteiligen Unterschiede. Bereits früher hatten die Forschenden gezeigt, dass die feuerbrand-resistenten Bäume auch Insekten nicht nachteilig beeinflussen. Die mehrjährigen Freilandversuche belegen das große Potential cisgener Pflanzen als Option für die nachhaltige Pflanzenzüchtung auf. Aufgrund der veralteten Gesetzesgrundlagen werden sie aktuell in der Schweiz allerdings noch als «gentechnisch verändert» eingestuft, obwohl sie keine artfremden Gene enthalten. Das macht ihren Anbau in der Praxis unmöglich. Eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen an den wissenschaftlichen Fortschritt ist daher dringend erforderlich.
Quellen: Ina Schlathölter et al. 2023, Field study of the fire-blight-resistant cisgenic apple line
C44.4.146, Plant Journal 113:1160-1175;
Ina Schlathölter et al. 2022, No adverse dietary effect of a cisgenic fire blight resistant apple line on the non-target arthropods Drosophila melanogaster and Folsomia candida, Ecotoxicology and
Environmental Safety 241:113749;
Feldversuch mit cisgenen Apfelbäumen auf der Protected Site in Zürich-Reckenholz, Faktenblatt Agroscope, 2018
Übernommen mit Genehmigung aus POINT NEWSLETTER NR. 254
EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag zur Regulierung gewisser genomeditierter Pflanzen (NGT-Pflanzen)
Am Mittwoch, 05.07.2023, hat die EU-Kommission ihren langerwarteten Vorschlag zur Regulation gewisser genomeditierter Pflanzen veröffentlicht. Der Titelvorschlag der ► Verordnung lautet: “Regulation of the European Parliament and of the Council on plant obtained by certain new genomic techniques and their foods and feeds, and amending Regulation(EU) 2017/625”
Der Vorschlag wird hier vorgestellt.
An Hand der offiziellen Version kann nun der Dialog und die wissenschaftliche sowie politische Auseinandersetzung beginnen.
Pressemeldung vom WGG und von VBIO zum Regulierungsentwurf der EU-Kommission
Der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO e. V.) und seine Mitgliedsgesellschaft Wissenschaftskreis Genomik und Gentechnik e.V. (WGG) begrüßen den heute veröffentlichten Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung der Nutzung von Pflanzen, die mithilfe neuer gentechnischer Verfahren (NGT) gezüchtet wurden.
AFBV-WGG Press release on the proposal for the regulation of NGT plants
AFBV and WGG welcome EU proposals for the regulation of NGTs
as a step in the right direction
Association Française des Biotechnologies Végétales (AFBV) and its German partner, Wissenschaftskreis Genomik und Gentechnik (WGG), welcome the publication of the European Commission's proposals for adapting the 2001 regulations on genetically modified seeds. These proposals should facilitate the development of plants derived from some new genomic techniques (NGT) (directed mutagenesis, cisgenesis and intragenesis), which will bring much-awaited innovations.
Workshop: Neue genomische Techniken auf der politischen Agenda
Was leistet Ethik im Streit um neue Züchtungstechniken für die Landwirtschaft?
Veranstalter: Lehrstuhl Christliche Sozialethik und Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften, LMU München
15.Mai 2023, Katholische Akademie München
Der Workshop wurde im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts „Vorsorge und Innovation als ethische Prinzipen in der Bioökonomie“ durchgeführt. Prof Dr. Jany nahm als Vertreter des WGG an dem Workshop teil. Nach einführenden Vorträgen zu den neuen genomischen Techniken, der Ethik um die Genomeditierung und Bioökonomie und Geneditierung wurden die Themenblöcke in Blick der Ethik und neue genomische Techniken
in Arbeitsgruppen abgehandelt und anschließend die Ergebnisse teils kontrovers aber ergebnisoffen in der Gesamtgruppe diskutiert.
Labvolution - 2023, Hannover
Der WGG hat am 10. Mai 2023 auf der Labvolution 2023 im Rahmenprogramm die Veranstaltung
"Genome Editing - Potentiale neuer genomischer Techniken für eine nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion"
durchgeführt.
Einen ausführlichen Bericht finden Sie hier
Handlungsblockade der ZKBS gefährdet die Forschung in Deutschland
Mit großer Sorge beobachtet der WGG die fortschreitende Arbeitsunfähigkeit der Zentralen Kommission für biologische Sicherheit (ZKBS), bedingt durch die augenscheinliche Verzögerung von Neubesetzungen einer noch nie dagewesenen Vielzahl der dort offenen Positionen. Daher hat der WGG einen Brandbrief an das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft geschrieben.
27.03.2023
WGG und GfPB zur rechtlichen Einordnung von in vitro Zufallsmutagenesefahren:
Pflanzen aus in vitro Zufallsmutagenese-verfahren unterliegen nicht dem Gentechnikrecht
Gemeinsame Mitteilung von DFG und
Leopoldina:
Die im Wissenschaftskreis Genomik und Gentechnik e.V. (WGG) vereinigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begrüßen das gemeinsame Statement und unterstützen die Forderung von DFG und Leopoldina nachdrücklich.
2022
GENOME EDITING im Gespräch: Wissenschaft trifft ... Politik
am 29. November 2022 in Berlin
SEC Symposium: Grüne Gentechnik - ja, aber wie? am 03. November 2022 in Frankfurt am Main
Vorschlag AFBV/ WGG zur Anpassung der EU-Directive 2001718 - Juli 2022
(deutsch/englisch/französisch)
Erläuterungen zum Vorschlag von AFBV/WGG - Update Juli 2022
(deutsch/englisch/französisch)
Forschende appellieren an Landwirtschaftsminister Özdemir: Genome Editing in der Planzenzüchtung: Auf die Eigenschaften kommt es an! gemeinsame Initiative von VBIO WGG DBG GfPB GPZ und DECHEMA BioTechNet
Kontakt:
Wissenschaftskreis Genomik und Gentechnik e.V. (WGG)
Nelkenstraße 36
76351 Linkenheim-Hochstetten
e-mail: zentrale@wgg-ev.de