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OFFENER BRIEF AN EU-KOMMISSIONSPRÄSIDENT JEAN-CLAUDE JUNCKER

 

Plädoyer für kohärente Entscheidungen in der EU

 

09. Juni 2017

 

Sehr geehrter Herr Präsident Juncker,

 

alle Institutionen der Europäischen Union müssen sich daran messen lassen, wie sie demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien einhalten und den Regularien folgen, die sich die Gemeinschaft selbst gegeben hat.

 

Dies gilt auch für die anstehende Entscheidung der Kommission über die Zulassung für den Anbau von drei gentechnisch veränderten Maislinien (MON810, 1507 und Bt11). Nachdem die Vertreter der 28 Mitgliedsstaaten am 28.03.2017 erneut zu keiner Einigung über die Zulassung gekommen sind, kann dies nach den festgeschriebenen und auch allen Mitgliedern bekannten EU-Regelungen allein aus formalen Gründen nur zu einer Konsequenz führen: Nach der EU-Verordnung Nr. 182/2001 hat die Kommission nun eine Entscheidung herbeizuführen. Entsprechend der gesetzlichen Regelungen (RL 2001/18/EWG und VO (EG) 1829/2003 ist die Erteilung einer Anbaugenehmigung der logische nächste Schritt, denn

  • die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), zuständig für die Bewertung der gesundheitlichen und umweltrelevanten Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen, hat nach eingehender wissenschaftlicher Prüfung keine Risiken für Umwelt oder Gesundheit festgestellt
  •   die EU-Kommission ist verpflichtet, sich an ihre eigenen Regularien zu halten. Nach dem in der Europäischen Union geltenden Grundsatz der Supranationalität treten die Mitgliedsstaaten ihre nationale Souveränität ab und üben diese auf europäischer Ebene gemeinsam aus. So sind die hier verabschiedeten Richtlinien und Verordnungen auch für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Zudem gilt der Grundsatz der Rechtstreue. Das gesamte System der EU kann nur funktionieren, wenn sich alle Mitgliedstaaten an die von allen vereinbarten Regeln auch halten, um Willkür zu verhindern.
  • eine solche Entscheidung sendet ein Signal an einzelne Mitgliedsstaaten, die Ihre Verantwortung an die EU-Kommission abschieben. 

Wer als Teil einer Gemeinschaft durch sein eigenes Abstimmungsverhalten wiederholt klare Entscheidungen verhindert – wissend, dass die EU-Kommission nach den gemeinschaftlich festgelegten Regeln somit in Entscheidungspflicht ist – wird der ihm übertragenen Verantwortung nicht gerecht. Er macht das Verfahren sowohl zeit- als auch kostenintensiv, indem er sich versteckt statt zu agieren. Solche leider inzwischen etablierten Vorgehensweisen mindern nicht nur das Vertrauen in die Arbeit der Europäischen Union, sondern sind auch Ausdruck einer Missachtung gemeinsamer demokratischer Prinzipien.

 

Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Präsident, eben genau nach den für alle EU-Mitglieder geltenden Prinzipien zu handeln und die Zulassung der drei gentechnisch veränderten Maissorten zu veranlassen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany, Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e.V. (WGG)

Prof. Dr. Bernd Müller-Röber, Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland  VBIO e.V.

Prof. Dr. Andreas Graner, Gesellschaft für Pflanzenzüchtung e.V. (GPZ

Prof. Dr. Frank Kempken, Gesellschaft für Genetik e.V. (GfG)

Prof. Dr. Hans-Jörg Jacobsen, Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie e.V. (GfP)

Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Becker, Lehrstuhl f. Brau- u. Getränketechnologie, TU München

Prof. Dr. Peter Beyer, Fakultät für Biologie, Universität Freiburg

Prof. Dr. Ralph Bock, Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Golm

Prof. Dr. Inge Broer, Agrar-und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Universität Rostock

Univ.-Prof. Dr. Lutz Fischer, Fakultät Naturwissenschaften, Universität  Hohenheim

Prof. Wilhelm Gruissem, Institut für Agrarwissenschaften, ETH Zürich, Schweiz

Prof. Dr. Christian Jung, Institut für Pflanzenzüchtung, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Prof. Dr. Regine Kahmann, Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, Marbur

Prof. Dr. Beat Keller, Institut für Pflanzenbiologie, Universität  Zürich, Schweiz

Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel, Institut für Phytopathologie Justus-Liebig-Universität Giesse

Prof. Dr. Wolfgang Nellen, Johann Gottfried Herder Fellow, Universitas Brawijaya, Malang, Indonesien

Prof. Dr. Ingo Potrykus, Emeritus Plant Sciences, ETH Zürich, Schweiz

Prof. Dr. Holger Puchta, Botanisches Institut, Karlsruher Institut für Technologyie (KIT)

Prof. Dr. Matin Qaim, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Universität Göttingen

Prof. Dr. Ralf Reski, Institut für Pflanzenbiotechnologie, Universität Freiburg

Prof. Dr. Andreas Weber, Institut für Pflanzenbiochemie, Heinrich Heine-Universität Düsseldorf

Prof. Dr. Detlef Weigel, Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, Tübingen

Prof. Dr. Justus Wesseler, Wageningen University and Research, Wageningen, Niederlande